Reif für Veränderungen – Wie gehen wir mit Veränderungen um?

Die Veränderung ist einer unserer ständigen Begleiter*innen geworden und natürlich bedingt durch Themen wie Digitalisierung, Generationenwechsel und Transformation. Und das egal ob im privaten, beruflichen oder ehrenamtlichen Kontext.

Header: Reif für Veränderung

Dieser Blogbeitrag basiert auf einem Webinar, welches wir zusammen mit der Ehrenamtsstiftung MV und dem Haus des Stiftens veranstaltet haben. Wir wollen uns gemeinsam anschauen, wie in einer Organisation notwendige Veränderungsprozesse erkannt werden können, wie die ersten Schritte zu einer Organisationsveränderung aussehen und wie es bei Bedarf fachliche und finanzielle Unterstützung gibt. Denn egal ob in einem kleinen Nachbarschaftsverein oder einer großen Institution, überall spielen sich stetige Veränderungsprozesse ab.

Was bedeutet Veränderung im Verein und woran erkennt man diese?

Oft sind Veränderungen unfreiwillig und wir können sie nicht steuern. Hierbei stellt sich die Frage, wie wir mit diesen Veränderungen umgehen. Denn Veränderungen sind stets da, manchmal können wir sie nicht steuern und manchmal tun wir Dinge bewusst, um Veränderungen auszulösen.

Wie ist mein Umgang mit dem Zustand, dass eine Veränderung bevorsteht?

Der Umgang mit Veränderungen kann allgemein gesagt entweder aktiv oder passiv sein.
Bei einem aktiven Umgang stelle ich fest dass sich gerade etwas verändert oder etwas Veränderung braucht. Hierbei sieht man sich selbst als Gestalter*in und geht aktiv auf die Situation ein.
Bei einem passiven Umgang mit der Veränderung erdulden wir die Situation, leiden darunter oder fühlen uns machtlos.
Aber natürlich gibt es verschiedene Abstufungen zwischen diesen beiden Extremen. Es ist von großer Bedeutung, dass sich alle, die in einem Veränderungsprozess mit einbezogen sind, Gedanken zu ihrem Umgang bzw. ihrer Position innerhalb der Veränderung machen. Denn dies bedeutet auch, dass es unterschiedliche Zugänge zur Veränderung gibt und die Menschen unterschiedlich damit umgehen (werden).

Die Fähigkeit der Ambiguitätstoleranz

Eine Ambiguität beinhaltet Gegensätze, Unverständliches, Mehrdeutiges, Komplexität und Widersprüche und tritt immer dann auf, wenn es eine große Herausforderung gibt.
Immer dann, wenn Veränderungen auf uns zukommen, kann der Umgang aktiv oder passiv sein und gleichzeitig können bestimmte Dinge in sich widersprüchlich sein.  Die Fähigkeit damit umzugehen, dass es vielleicht nicht so schnell geht, wie wir wollen, dass die Veränderungen die wir gestalten nicht so eintritt wie wir uns das erhofft hatten oder dass wir tatsächlich merken es braucht noch eine Schleife länger – ist genau die Fähigkeit die wir brauchen um konstruktiv mit Veränderungen umzugehen.

Merke: Negative Gefühle von beispielsweise Perspektivlosigkeit, Wut oder Frust sollten als Chance gesehen werden, denn auch sie sind eindeutige Anzeichen, dass es eine Veränderung braucht.

Schaubild: Die Fähigkeit der Ambiguitätstoleranz

Welche Chancen bietet die Organisationsentwicklung?

Die große Kunst der Veränderung ist es mit den aufkommenden, negativen Emotionen umzugehen, diese als Chance für die Organisation zu verstehen, daraus neue Kraft zu schöpfen und diesen Bewegungsmoment zu kreieren. Und genau in diesem Moment ist die Organisationsentwicklung ein gutes Instrument, um euch dabei zu unterstützen.

Denn die Organisationsentwicklung ist im Grunde ein Veränderungsprozess für eine langfristige und nachhaltige Weiterentwicklung der Organisation. Hierbei ist der Prozess wichtiger als das Ziel, denn die Organisationsentwicklung ist keine Sache von einem Tag oder einer Mitgliederversammlung. Sie ist ein Prozess, der sich wirklich langfristig durch eine Organisation durchziehen kann und auch immer wieder neu aufgegriffen werden kann. Hierbei kann die eigene Art und Weise der (Zusammen-)Arbeit regelmäßig hinterfragt werden, die Organisation weiterentwickelt werden und das Team bekommt Raum, sich (besser) kennenzulernen. Sie sollte also als eine Kontinuität betrachtet werden, die sich durch den Projektalltag zieht. Hierbei ist es nicht das Ziel, an einem bestimmten Punkt anzukommen, sondern diesen Prozess am Leben zu erhalten und immer weiterzugehen. Denn Veränderung hört nie auf.
Das heißt auch, dass die Organisation möglichst ganzheitlich betrachtet werden muss und möglichst viele Mitglieder beteiligt werden sollten, damit niemand auf dem Weg verloren geht.

Merke: Organisationentwicklung ist keine Vorstandsarbeit

Was braucht man für eine gemeinsame Organisationsentwicklung?

Es braucht verschiedene Dinge, um gemeinsam erfolgreich an der Organisationsentwicklung zu arbeiten:

  1. Neben genügend Zeit und einer Mehrheit an Mitstreiter*innen sollten realistische Ziele gesteckt werden. Diese sind abhängig von den Kapazitäten der Mitglieder, denn es sollten alle mitgenommen werden.
  2. Bestehende Konflikte müssen geklärt sein und es muss ein gemeinsames Interesse an einer Weiterentwicklung bestehen. Wenn Konflikte noch unterschwellig unter der Oberfläche brodeln, kommt man nicht richtig voran. Denn es besteht die Gefahr, dass sich einzelne Mitglieder dem Veränderungsprozess entgegenstellen.
  3. Ihr braucht eine Handvoll Menschen, die sich für den Prozess verantwortlich fühlen. Dadurch, dass ihr vor einem längerfristigen Prozess steht, wird es immer wieder Punkte oder Momente geben, an denen ihr eure Organisationsentwicklung aus den Augen verlieren werdet. Treffen müssen vorbereitet werden und jemand muss sich dafür verantwortlich fühlen, die Menschen einzuladen und mitzunehmen. Denn im Organisationsalltag, in dem eure Mitglieder oft schon ausgelastet sind, kann es schnell passieren, dass der geplante Entwicklungsprozess vergessen wird und in den Hintergrund gerät.

Organisationsentwicklung ist ein Dauerlauf und kein Sprint

Die Motivation während des Prozesses wird schwanken. Am Anfang sind die Mitglieder eher sorgenvoll und es können Ängste vor dem Veränderungsprozess aufkommen.

Gleichzeitig wird dieser Prozess aber auch von der Neugierde auf Veränderungen und neue Chancen begleitet. Auch Wut, Ärger und Widerstand wird euch begegnen und früher oder später werdet ihr vor der Herausforderung eines Motivationsloches stehen. Die Menschen müssen durchschnaufen und eine gewisse Frustration wird aufkommen, denn es ist am Ende einfach doch auch anstrengend, Dinge zu verändern. Allerdings wird es in diesem Prozess auch immer wieder nach oben gehen, die Mitglieder haben Freude am Ausprobieren und (erste) Erkenntnisse über die Wirkung und Sinnhaftigkeit der Veränderung bringen einen Motivationsschub mit sich. Man wächst als Team zusammen und es können die ersten Früchte der Veränderung geerntet werden.

Lange Rede kurzer Sinn: Organisationsentwicklung ist ein Dauerlauf und kein Sprint!
Plant lieber kürzere Sessions ein. In denen ihr euch der Organisation gemeinsam widmet, euch austauscht und euch dem Thema kontinuierlich widmet.

Schaubild: Veränderungskurve
Quelle: Youtube (https://www.youtube.com/watch?v=zt4zTAo1qjQ)

Der Fahrplan eines gelungenen Prozesses

Wenn du die folgenden 6 Schritte befolgst, bist du auf dem besten Weg zu einem gelungenen Prozess:

  1. Arbeitsgruppen bilden:
    Lasst Diversität und Vielfalt zu, denn durch unterschiedliche Perspektiven können großartige, neue Dinge entstehen. Behaltet den Prozess und das Zeil im Auge, und besprecht direkt am Anfang in eurer Arbeitsgruppe, wer auf Dauer wie viele Kapazitäten hat. Durch den anfänglichen Motivationsschub besteht nämlich die Gefahr, dass utopische Ziele gesetzt werden, die im Laufe des Prozesses durch mangelnde Kapazitäten nicht erreicht werden können.
  2. Menschen frühzeitig einbinden:
    Durch transparente Kommunikation erreicht ihr die Menschen am besten. Verzichtet zu Beginn, nicht direkt auf die Widerständler*innen einzugehen, sondern startet lieber zuerst mit den „gesunden Skeptiker*innen“. Diese bekommt man leichter und schneller ins Boot. Geht aber auch unbedingt auf den Widerstand ein und versucht diesen aufzubrechen. Denn negative Emotionen sollten als Chance gesehen werden.
  3. Themen klären:
    Es ist wichtig, dass es wirklich ein gemeinsamer Prozess ist. Sammelt daher die offenen Themen im Team und priorisiert diese gemeinsam. So fühlen sich alle gehört und stehen hinter dem Prozess.
  4. Ziele identifizieren:
    Formuliert Ziele mit dem SMART-Werkzeug. Sie müssen spezifisch, messbar, attraktiv, relevant und terminiert sein.
  5. Zeitlichen Rahmen festlegen:
    Bei strategischen Aufgaben, was in diesem Fall zutrifft, sollte man nicht weniger als 1 Jahr und nicht mehr als 5 Jahre planen. Der Prozess muss am Ende eurer festgelegten Zeit nicht abgeschlossen sein, aber es ist hilfreich einen Zeitraum festzulegen, um zu beginnen. Macht euch hierbei Gedanken, wie viel Zeit ihr investieren wollt und könnt.
  6. Loslegen:
    Beginnt mit kleinen Aufgaben, die eine große Wirkung haben. Macht diese Wirkung sichtbar und versucht, nicht zu sehr „verkopft“ zu sein. Verbrennt euch nicht zu sehr an theoretischen Diskussionen, sondern überlegt euch konkret die nächsten Schritte und was ihr erreichen wollt.

Ihr braucht weitere Unterstützung bei eurem Fahrplan? Dann ist das kostenlose, praxisorientierte Handbuch der Ehrenamtsstiftung MV super für euch: Hier gehts zum Handbuch

Die Zusammenarbeit mit externen Berater*innen

Die Zusammenarbeit mit Berater*innen kann auch für kleine(re) Organisationen sehr hilfreich sein. Der Stundenlohn von diesen variiert sehr stark je nach Region, Expertise und Erfahrungswerten zwischen 100€ und 300€/Stunde.

Es gibt verschiedene Wege, den*die perfekte Berater*in für euch zu finden:

  1. Verzeichnis von Berater*innen: Über die Seite der Ehrenamtsstiftung könnt ihr erfahrene Menschen finden, die bereits mit dem oben verlinkten Handbuch gearbeitet haben und darin ausgebildet wurden.
  2. Recherche im Internet: Im Internet sind unterschiedliche Organisationsentwickler*innen zu finden. Hier müsst ihr einfach schauen, was für euch am besten passt. Passende Suchbegriffe sind: Organisationsentwickler*in, Systemische Coaches mit Vereinserfahrung oder Vereinsberater*in.
    Schaut euch die Ansätze und Expertise der Person auf ihrer Webseite genau an, um herauszufinden, ob sie zu euch passt. Im nächsten Schritt solltet ihr telefonisch Kontakt aufnehmen, um einen ersten Eindruck zu erhalten. Wenn dies alles zusammenpasst, macht ein Angebotsklärungsgespräch aus, um die genauen Rahmenbedingungen abzuklären und lasst euch anschließend ein schriftliches Angebot geben.

Vor- und Nachteile bei der Zusammenarbeit mit externen Berater*innen

Vorteile:

  1. Verbindlichkeit wird hergestellt: Es werden Zeit und Geld in die Hand genommen, um eine externe Person in den Prozess mit einzubinden. Hierdurch entsteht eine Verbindlichkeit und der Stellenwert wird innerhalb eurer Organisation bedeutend angehoben. Das Team entscheidet sich gemeinsam dafür, dass ihnen der Prozess so wichtig ist, dass jemand dazu eingeladen wird, wodurch die Organisationsentwicklung sehr hoch in der Prioritätenliste eingestuft wird.
  2. Begleitung und Moderation des Prozesses: Neue Methoden und Ideen können eingebracht werden und die Moderation kann einen Vorbildcharakter einnehmen.
  3. Externer Blick auf die Organisation: Durch einen externen Blick und eine Einschätzung bekommt man neue Ideen und es können neue Dinge erkannt werden.

Nachteile:

  1. Organisation muss sich für externe Person öffnen: Hierbei müssen auch die Schwächen der eigenen Organisation kommuniziert werden. Das ganze Team muss daher dazu bereit sein, offen und ehrlich zu kommunizieren, auch wenn eine fremde Person dabei ist.
  2. Zusätzliche Kosten: Es muss abgeklärt werden, ob diese extra Kosten im Budget liegen und ob man sich dies leisten kann
  3. Braucht Vorbereitung und Vorlauf vor eigentlichem Start: Es muss ein*e passende*r Berater*in gefunden werden, bevor richtig losgelegt werden kann.

Fördermöglichkeiten für deine Organisation

Es gibt verschiedene Stiftungen und Organisationen, die Förderungsmöglichkeiten anbieten und bei welchen ihr euch Unterstützung suchen könnt:

Schmid Stiftung

  • Punktuelle Organisationsentwicklung durch Berater*innen
  • Unterschiedliche Veranstaltungen, die angefragt werden können
  • Bieten eine Sitzung als Auftakt an

Start Social

  • 3-monatige Begleitung durch Berater*in

Engagierte Stadt

  • Mitfinanziert von der DSEE
  • Organisationsentwicklung

Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt

  • Schwerpunkt in Digitalisierungsprozessen
  • z.B. Programm 100x Digital

Changeius

  • For Profit
  • Durch Kommission der Berater*innen finanziert
  • Für Organisationen kostenfrei, Berater*innen geben aber einen Teil der Fördergelder, die sie bekommen, an Changeius ab

Agathe hilft

  • Kostenfreie Begleitung durch Berater*innen in Arbeitsprozessen und interne Kommunikation
  • Agile Arbeit
  • Arbeit strukturiert modernisieren

Haus des Stiftens

  • Für Organisationen in Mecklenburg-Vorpommern
  • 3.000€ für ein Jahr für Beratungsleistungen
  • 40 Organisationen werden je Jahr beraten und begleitet
  • Handbuch
Bild: Zitat "Nichts ist so beständig wie der Wandel - Heraklit

Veränderungen sind ein natürlicher Teil des Lebens, können aber auch Herausforderungen und Ängste auslösen. Eine erfolgreiche Bewältigung von Veränderungen erfordert eine positive Einstellung, Flexibilität und die Bereitschaft, sich anzupassen. Es ist wichtig, sich auf Veränderungen vorzubereiten, sich Zeit zu nehmen, um zu reflektieren und sich gegebenenfalls Unterstützung von Freund*innen, Kolleg*innen oder Fachleuten zu holen. Eine gesunde Einstellung gegenüber Veränderungen kann zu persönlichem Wachstum und positiven Entwicklungen führen. Wenn du noch mehr über die Onlinezusammenarbeit als Team erfahren möchtest, dann schau dir doch gerne einen unserer Blogbeiträge zum Thema an.

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